Metal-Fans kennen wahrscheinlich einige dieser legendären Bands aus der Schweiz, wie «Krokus», «Celtic Frost» und «Coroner», vielleicht jüngere Fans auch «Eluveitie», einer der Leader der aktuellen Folk Metal Bands. Doch warum kennt denn «Excelsis» aus dem schweizerischen Kriegsstetten keine Sau? Das kann doch gar nicht sein! Seit 1996 machen die selbsternannten Dragonslayers schon die Berge unsicher und wenn man diese Band nicht kennt, geht einem wirklich etwas durch die Lappen! «Excelsis» haben diesen Sommer das nun siebte Album «Vo Chrieger u Drache» vorgelegt, dass in Sachen Folk Metal locker in oberen Regionen mithalten kann. Excelsis sind etwas eigenwillig und ihre Markenzeichen sind Metal mit Instrumenten wie Dudelsack, «Bäsechlopfe» oder Blockflöte und Texte, die teils in Mundart verfasst sind. Bei «Vo Chrieger u Drache» beschränkt sich dies zwar nur auf Teile der Songs und etwa die Hälfte der Songtitel – trotzdem sind Excelsis neben Eluveitie wohl die keltischste unter den Schweizer Metalbands. Dabei erreichen die Jungs ein Level, das ich seit Manowar nicht mehr gehört habe. Der Sound der aktuellen Scheibe zeichnet sich durch einen Gegensatz von dichtem Metal und den darüber liegenden hellen Spezialinstrumenten aus und erzählt Geschichten in Form von Schlachtgesängen. Wer also auf kraftvollen Folk/Pagan Metal mit Pfupf steht, ist hier an der richtigen helvetischen Adresse.
Das «Vo Chrieger u Drache» Album wurde in den Iguana Studios von Christoph Brandes eingespielt und gemischt und das Cover ist sehr schön gelungen, ebenfalls das ganze Innenleben des Booklets. Allgemein macht das Album den Eindruck eines liebevoll inszenierten Werks einer völlig einzigartigen Band. «Vo Chrieger u Drache» passt genau in das Konzept der Band von mittelalterlichen Volksmythen. Es geht um Krieger und Drachen, um die Gründungslegende der Stadt Burgdorf im Kanton Bern, wo das Brüderpaar Sintram und Bertram, Herzoge zu Lenzburg im Kanton Aargau, im Drachenkampfe siegte und zum Danke der heiligen Margareta eine Kapelle stiftete. Diese Sage erzählen uns die helvetischen Barden in ihrer ureigenen Weise, indem sie sich einer rauen, ungeschliffenen und unkitschigen Variante des Folk Metals bedienen. Die in berndeutsch gesprochene Einleitung stimmen perfekt auf diese Heimatgeschichte ein, die Texte der Lieder selbst wechseln zwischen Englisch und Berndütsch, wobei Letzteres oft die hymnischen Refrains prägt. Der «Prologue (of Sintram and Bertram)» ist zwar durch das Schweizerdeutsch nicht ganz leicht zu verstehen, aber wenn «Brothers of War» so richtig im mittleren Tempo abgeht, ist alles im Trockenen, dazu die passenden Flötenklänge und das hymnisch tragende in dem Stück macht Lust auf mehr. Die «Druids» sind ein heldenhaftes Epos, das mit folkloristischen Instrumenten unterstützt wird und dadurch auch zu gefallen weiss, gerade in der Szene ist die Grenze zwischen Kitsch und Genialität eng gesteckt, aber «Excelsis» machen das meisterlich. Die Grundausrichtung der Stücke ist in der Regel getragen und episch, die Band lässt sich Zeit zum Erzählen ihrer Geschichte. Instrumental begegnet uns einmal mehr die volle Palette aus folkloristischen Instrumenten wie Talerschwingen, Sackpfeifen, Harmonika, Maultrommel und Flöten, die jedoch perfekt in das metallische Gewand integriert sind und die Band so kein Stück weit in eine schunkelige Ecke des Mittelaltermarkts drücken.
Die Quetschkommode, auch Akkordeon genannt, bietet dem flotten Spiel bei «Heathen Princess» zu Beginn richtig Paroli, dann wird es etwas ruhiger, bevor es im tragenden Tempo erneut spitzenmässig abgeht. «The Fear» ist ein kleiner Zwischenspieler, danach kommt «Uechtland» in typischer «Excelsis» Manier daher und verbreitet Top Laune. «Chrieger» ist eine drückende, heldenhaft klingende Nummer, die nah an Manowar herankommt. Schleppend wälzt sich der Song dahin und versprüht so seinen ganz eigenen Charme. Mit knapp neun Minuten Spielzeit ist das Lied auch das längste auf der Scheibe. An Stimmung ist «Chrieger» kaum zu übertreffen. Darauf folgt mit «Dragonhole» wieder so eine starke, tragende Nummer, «The Chapel» hat ein paar flottere Passagen und mit «The Fall of the One» bietet noch einmal eine volle Folk-Breitseite inklusive Mundharmonika. Im Up Tempo hält sich «The Avenger» richtig überragend, um mit «Wissi Bärge» den Double Bass rotieren gelassen. Mit dem starken «Epilogue» endet dieses krachende Album und das Folk Metal richtig geil klingen kann, haben «Excelsis» hiermit bewiesen und aus dem Geheimtipp dürfte nun der Durchbruch folgen. «Excelsis» sind mit Leib und Seele eine Metalband, die mich in ihrer erzählerischen Art und durch das gehörige Mass an Härte und Rohheit und durch Münggus ungeschliffenen Gesang durchaus an «Grave Digger» erinnert, sich aber melodisch und instrumental merklich folkiger präsentiert. Die zahl- und variantenreichen Backing Vocals sorgen dafür, dass nicht nur das Reibeisen regiert, sondern die ganze Palette bedient wird, vom zaghaften, artikulierten Growlen über Klargesang bis hin zu mächtigen Chören. Dabei kann die eigenwillige Truppe auch mit glänzenden Soli und messerscharfen, treibenden Riffs aufwarten, die immer für die stimmige Balance zwischen metallischer Härte und heimeligem Storytelling finden.
«Excelsis» erinnen an Bands wie «Eluveitie», «Nerthus», «Mithotyn» oder «Finntroll». Der Sound der aktuellen Scheibe zeichnet sich durch einen Gegensatz von dichtem Metal und den darüber liegenden hellen Spezialinstrumenten aus und die Mundart-Teile lassen einen immer wieder die Ohren spitzen und bereichern den Sound schon nur, weil man es sich einfach nicht gewohnt ist. Münggu (Vocals, Guitars, Bagpipes, Mouthharp and Whistles), Ädu (Keyboards, back. Vocals, Flutes and Whistles), Mäk (Bass, Harmonica), Rölu (Guitars, back. Vocals, Besenklopfen) und Küsu (Drums, Talerschwingen) wissen nach Jahren und mittlerweile sieben Alben eben ganz genau, wie sie die Leute packen können. Der Sound wirkt zwar kompromisslos hart, bietet aber auch Harmonien und diese Kombination wirkt. Sie haben sich eine Identität erschaffen, um die andere Metal-Bands sie beneiden. Visuell haben sich die Berner fürs aktuelle Album in Mönchskutten gekleidet und unterstreichen damit das Druidische in ihrer Musik noch mehr. Insgesamt ist «Vo Chrieger u Drache» ein Erlebnis. Es empfiehlt sich, «Excelsis» nicht einfach nur so im Hintergrund laufen zu lassen, sondern sich richtig darauf einzulassen. Die Band gehört in die gleiche Liga wie die ganz grossen des Folk Metal, vor allem, aber nicht nur, weil sie dem Genre schon frönten als es offiziell noch gar nicht erfunden war. «Vo Chrieger u Drache» ist ein Hammeralbum, das jeden interessieren sollte, der auch nur ansatzweise etwas mit Folk Metal anfangen kann. «Excelsis» haben mit dem Machwerk «Vo Chrieger u Drache» etwas geschaffen, was in keiner Sammlung bzw. Party der Genrefans fehlen sollte. Schön wie hier vom «Drachätötä» gesungen wird und man sich an die Geschichtsstunden erinnert, in denen es um mutige Schweizer ging, die ihr Land mit Heugabel, Hellebarde und Schweizerdeutsch bewaffnet verteidigten. Hier liegt auch ein bisschen die Crux mit Excelsis: Vocals-mässig sind die Schweizer empfindlich schwächer, wenn sie sich auf Englisch ausdrücken. Warum auf diese Sprache ausweichen, wenn alles auf Schweizerdeutsch viel, viel besser und eigenständiger klingt? Traumhaft ist hierbei auch das wunderbar melancholische Finale im dunklen Epilog der Emmentaler Drachentöter: «Sag mein Herz, was weisst du mehr?»
Tracklist:
- Prologue (of Sintram and Bertram)
- Brothers of War
- Druids
- Heathen Princess
- The Fear
- Uechtland
- Chrieger
- Dragonhole
- The Avenger
- The Fall of the One
- The Chapel
- Wissi Bärge
- Epilogue
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